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Ein fränkischer Berichterstatter vom Leben in der Niederländischen Ostindienkompanie von 1733 bis 1741

Johann Wolffgang Heydt

Erkunde die faszinierende Geschichte von Johann Wolffgang Heydt, Zeichner und Kupferstecher, Baudirektor und Geometer, ein oft übersehener Entdeckungsreisender, der in der Mitte des 18. Jahrhunderts in den Diensten der Niederländischen Ostindienkompanie (Vereenigde Geoctroyeerde Oostindische Compagnie, VOC) stand. Er ließ sich nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Ceylon (das heutige Sri Lanka) und Batavia (das heutige Jakarta, Indonesien) zunächst in Wilhermsdorf nieder. Dort veröffentlichte er 1744 sein umfangreiches Buch (hier kurz „Schauplatz“ genannt) mit Berichten und Kupferstichen über seine Reise.

Der „Schauplatz“ bietet nicht nur einen erstaunlichen Einblick in das Leben und die Ereignisse in den ostindischen Kolonien, sondern ist auch ein wichtiges historisches Dokument über die VOC und die Kolonialgeschichte im 18. Jahrhundert. Seine über 100 Kupferstiche, die Gebäude, Menschen, Tiere, Pflanzen und Landschaften abbilden, sowie seine umfangreichen Beschreibungen bieten einen detailgetreuen Blick auf diese Zeit und sind auch für uns im 21. Jahrhundert von großem Interesse und Wert.

Heydts Werk und seine Erfahrungen als Entdeckungsreisender und Berichterstatter der VOC machen ihn neben anderen fränkischen Entdeckern zu einer weiteren herausragenden fränkischen Persönlichkeit in Diensten der VOC.

Sohn eines Nürnberger Rechtsgelehrten, einer der frühesten deutschen Ostindien-Reisenden, von 1632 bis 1646 Kaufmann in Ostindien und Edelsteinhhändler in Arabien.

Barbier, Chirurg und Schiffsarzt aus Windsheim.

Aus dem Buch von Johann Jacob Merklein hat Heydt im „Schauplatz“ zitiert.

Sohn eines Nürnberger Kaufmanns.

Berginspektor aus Coburg. Aus dem Buch von Johann Wilhelm Vogel hat Heydt im „Schauplatz“ zitiert.

Schulrektor und Afrikaforscher aus Neustadt an der Aisch.

Peter Kolbs umfangreiches Werk ,,Caput Bonae Spei hodiernium. Das ist: Vollständige Beschreibung des africanischen Vorgebürges der Guten Hofnung“ diente Heydt zum Vergleich mit seinen eigenen Erlebnissen am Kap der Guten Hoffnung.

Die Biografie von Johann Wolffgang Heydt

Johann Wolffgang Heydt hat – bis auf seine Reise – in Franken gelebt und gewirkt.
Seine Geburts- und Sterbedaten und Familienverhältnisse werden in der gesamten Literatur bis heute nirgendwo korrekt genannt. Zum Beispiel wird in den meisten bisherigen Publikationen über ihn Konstadt in Oberschlesien (heute Wołczyn in Polen) als Geburtsort genannt. Grund dafür müssen Hör- und Schreibfehler bei seiner Registrierung bei der VOC in Holland gewesen sein.

Er wurde aber am 17. März 1709 in Erlangen geboren.
Ende 1733 heuerte Johann Wolffgang in Amsterdam als einfacher Soldat bei der VOC an.
Nach seiner Rückkehr aus Ostindien ließ sich Heydt in „Christian-Erlang“ (seiner Heimatstadt Erlangen) und später in Wilhermsdorf nieder.
Johann Wolffgang Heydt starb am 15. April 1777 in Hellingen bei seinem Bruder Christian Henrich, wo er seine letzten Lebensjahre verbracht hatte.

Die Reise von Johann Wolffgang Heydt

Im Januar 1734 begann Johann Wolffgang Heydt seine bemerkenswerte Reise nach Ostindien, von der er im August 1741 wieder zurück kehrte.

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Fort Rammekens

Am 5. August 1741, nach 9 Monaten, erreichte Heydt wieder „glücklich und gesund“ die Seefestung Rammekens (bei Middelburg) in der niederländischen Provinz Zeeland.

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Kap der Guten Hoffnung

Vom 25. Januar bis zum 16. März 1741 wurde wieder am Kap der Guten Hoffnung angelegt.

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Kapverden

Auf der Rückreise wurde ein Halt auf der kapverdischen Insel St. Jago (Santiago) eingelegt.

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Batavia

Am 3. November 1740 reiste Heydt auf dem Schiff „Everswaart“ von Batavia aus nach Europa zurück.

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Insel Texel

Nachdem Heydt Ende 1733 bei der VOC eingestellt worden war, reiste er am 21. Januar 1734 mit dem Schiff „Meermond“ von der Insel Texel in der niederländischen Provinz Nordholland mit dem Ziel Colombo auf Ceylon ab.

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Kap der Guten Hoffnung

Vom 1. bis 27. Mai 1734 wurde ein Zwischenhalt am Kap der Guten Hoffnung eingelegt, um Proviant zu laden.

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Indischer Ozean

Zwei Tage nach der Abreise vom Kap der Guten Hoffnung geriet die „Meermond“ in einen Sturm, der 14 Tage lang tobte.

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Pinto Keyl

Vom 6. bis 18. August 1734 wurde ein Halt vor „Pinto Keyl, ohnweit Tutucoreyn auf der Küste Coromandel, im Fürstenthum Madura“ (Punicale, heute Punnaikayal, Tamil Nadu, Indien) eingelegt.

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Colombo (Ceylon)

Am 30. August 1734, nach 7 Monaten, kam die „Meermond“ in Colombo an.

Diese Weltkarte wurde von Heydt zwar nicht gezeichnet, aber selbst gestochen. Die Hinreise ist mit einer roten Linie, die Rückreise ist mit einer grünen Linie eingezeichnet.

Auch Heydts Bruder Ludwig Ernst fuhr am 28. Mai 1734 mit dem Schiff „Hof niet altijd Winter“ von Texel nach Batavia. Auch dieses Schiff machte einen Zwischenhalt, vom 31. Oktober bis 28. November 1734, am Kap der Guten Hoffnung und erreichte am 28. Februar 1735 Batavia. Dort erhielt er eine Anstellung als „Mandatar/Mandatour“ (Aufseher) bei dem Edlen Herrn von Süchtelen, einem Mitglied im Rat der niederländischen Kolonialverwaltung in Batavia.Der niederländische Gouverneur von Ceylon, Diederik van Domburg, beauftragte Johann Wolffgang Heydt und den Zeichner Arent Jansen, der sich bereits länger in Ostindien aufgehalten hatte, sich an die ,,Aufzeichnung des Landes Merckwürdigkeiten“ zu machen.

1736 begleitete Heydt, den Gouverneur von Colombo, Daniel Agreen, als Korporal und Hofmeister zum König von Kandy (in der Landesmitte von Ceylon).

Am 30. Januar 1737 bestieg Heydt ein Schiff, um nach Batavia zu segeln. Dieses Schiff war aber schon bei der Abfahrt beschädigt und musste im Hafen von „Pinto Galen“ (das heutige Galle) zurückgelassen werden. Am 24. Februar 1737 kam er, mit einem anderen Schiff, in Batavia an.

In Batavia traf Heydt seinen Bruder Ludwig Ernst wieder. Der zeigte Johann Wolffgangs Zeichnungen aus Ceylon seinem Dienstherrn, der sie dem Generalgouverneur Valckenier vorlegte. Daraufhin bekam Johann Wolffgang am 20. April 1738 offiziell die Aufgaben eines Architekten und Zeichners.

Valckenier war von Johann Wolffgangs Arbeit so beeindruckt, dass sofort Pläne für Reisen nach Persien und Japan gemacht werden, damit dieser auch die dortigen Niederlassungen der VOC zeichnet. Die Reisen unterblieben jedoch wegen Geldmangels, weil Entwässerungs- und Brunnenarbeiten in Batavia bei der VOC das gesamte Kapital verschlangen und zu viel Personal banden.

Heydt wurde dann beauftragt, Zeichnungen der holländischen Niederlassungen auf Java und Ceylon zu erstellen und in ein einheitliches Format für eine spätere Veröffentlichung zu bringen. Von jeder dieser Zeichnungen machte er eine Kopie für seine eigene Sammlung.

Am 22. Februar 1740 starb Ludwig Ernst Heydt bei seinem Bruder auf dem Bett in Batavia.

Auch Johann Wolffgang Heydt wurde krank. Er litt unter einem „Fieber Kuchen“ (Anschwellung der Leber oder Milz) und nahm deshalb seinen Abschied aus der VOC. Er reiste auf dem Schiff „Everswaart“ (auch „Ewerswaert“) am 3. November 1740 von Batavia aus nach Europa zurück. Vom 25. Januar bis zum 16. März 1741 wurde wieder am Kap der Guten Hoffnung angelegt und nach einem weiteren Halt auf den Kapverden erreichte Heydt am 5. August 1741 wieder „glücklich und gesund“ die Seefestung Rammekens (bei Middelburg) in der niederländischen Provinz Zeeland.

Quelle: Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg. Leihgabe Museen der Stadt Nürnberg. Kunstsammlungen.

 

J.W. Heydt wird vom Generalgouverneur Valckenier zum Architekten und Zeichner ernannt.

Die Ostindienkompanie VOC

Als Ostindien bezeichnete man im 17. und 18. Jahrhundert den indischen Subkontinent, den östlichen Indischen Ozean, Südostasien, China und Japan. Es war die Heimat wertvoller Gewürze, Stoffe und Luxusgüter und hat schon immer die Aufmerksamkeit europäischer Nationen auf sich gezogen. Aufgrund ihrer Überlegenheit auf See hatten Spanien, Portugal und England das Monopol auf den Handel mit dem fernen Osten. Als große Handelsmacht waren auch die Niederländer an Ostindien interessiert. Dafür gründeten sie 1602 die Niederländische Ostindien-Kompanie, um die unvorteilhafte Konkurrenz der niederländischen Händler untereinander auszuschalten. Die VOC erhielt vom niederländischen Staat Handelsmonopole sowie Hoheitsrechte in Landerwerb, Kriegführung und Festungsbau. Sie existierte fast 200 Jahre lang bis 1799.

Die Schiffe der VOC beherrschten den Indischen Ozean sowie das Chinesische Meer – und damit den Asienhandel, wodurch sie gigantische Gewinne erwirtschafteten. Im japanischen Kaiserreich waren die Niederländer sogar lange Zeit die einzigen akzeptierten Handelspartner aus dem Westen. Dieses weltgrößte, private und multinational operierende Handelsunternehmen war die erste moderne Aktiengesellschaft der Geschichte. In dieser Zeit fuhren nach Schätzungen knapp eine Million Menschen in den Diensten der VOC nach Ostindien. Weit über die Hälfte waren Ausländer, wobei die Deutschen den größten Anteil stellten. Von diesen Bediensteten kehrte nur etwa jeder Dritte zurück. Viele starben schon während der Überfahrt oder danach während ihres Aufenthalts in Südostasien an tropischen Krankheiten.

Der Hauptsitz der VOC war in Amsterdam und Middelburg. Das pazifische Hauptquartier war Batavia. Es wurde 1619 auf den Ruinen von Häusern der Einheimischen, die vorher niedergebrannt wurden, gegründet und hatte bald 30.000 Einwohner. Von Batavia aus erschuf die VOC binnen weniger Jahrzehnte das Handelsimperium, das die kleinen Niederlande in eine wirtschaftliche – und damit auch militärische und politische – Weltmacht verwandelte.

1733, als Johann Wolffgang Heydt bei der VOC eingestellt wurde, war deren Zenit aber schon länger überschritten. Nach dem kostspieligen Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) um die Vorherrschaft in Europa endete der jahrzehntelange Höhenflug der Niederlande. 1715 war die Republik der Vereinigten Niederlande de facto pleite und auch die Handelsgeschäfte der VOC brachen ein.

Im 18. Jahrhundert begann auch der schleichende Niedergang Batavias. Zwei Erdbeben und ein Vulkanausbruch um 1700, verwandelten den Fluss Ciliwung in einen zähen, schlammigen Strom. Die Kanäle versumpften und die Stadt verwandelte sich in einen tropischen Seuchenherd.

Alle Ostindien-Kompanien (Britische-, Niederländische-, Dänische-, Portugiesische-, Französische- und Österreichische Ostindien-Kompanie*) nahmen sich das Recht, gewaltsam Regionen in Ostindien zu annektieren und Allianzen mit den Herrschern jener Gebiete zu schließen, die sie nicht erobern konnten. Ostindien befand sich praktisch unter der Herrschaft der ausländischen Kompanien. Man kann diese Kompanien mit den großen Konzernen unserer Zeit wie Google (Alphabet), Facebook (Meta), Amazon und Microsoft vergleichen. Damals wie heute hatten diese Konzerne erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft und ihre Regierungen.

*) Gegründet vom Habsburger römisch-deutschen Kaiser Karl VI., dem die Österreichischen Niederlande gehörten (in etwa das Gebiet der heutigen Staaten Belgien und Luxemburg).

Nachbau der „Batavia“, ein Ostindienfahrer aus dem 15 Jahrhundert.
© Batavialand, Lelystad, Niederlande

Das Buch

Der „Schauplatz“ ist 1743/44 in Wilhermsdorf entstanden.

In den wenigen Publikationen über Heydt und seinen „Schauplatz“ werden meist nur die detaillierten Kupferstiche gelobt. Diese einseitige Sicht wird dem „Schauplatz“ jedoch nicht gerecht, denn er stellt sich dem Leser als eine umfassende Ostindien-Enzyklopädie dar.

Bis auf wenige Ausnahmen stammen die Bilder („Prospecte“) von Heydt selbst. Einige Zeichnungen von Orten, die er nicht selbst besucht hat, übernimmt er von Arent Jansen. Dabei betont er aber dessen Verlässlichkeit:

Indessen aber bin ich doch versichert, daß alles dieses eben so zu verlässig ist, als wann ich es mit eigener Hand aufgenommen hätte, angesehen ich solches obgedachter massen, da ich es nach der Natur untersuchet, jederzeit von Arent jansen accurat aufgezeichnet gefunden habe.

Heydt beschreibt seine Kupferstiche jeweils sehr genau und ausführlich und setzt viele Informationen dazu.

Allerdings sind seine Beschreibungen für heutige Leser schwer zu lesen. Auf einer Druckseite des Buches gibt es oft drei verschiedene Ebenen. Zu den Schilderungen der Kupferstiche und den daran angebundenen Erläuterungen gehört noch eine dritte Ebene. Das sind die meist sehr weit abschweifenden Fußnoten, in denen auch andere Dinge beschrieben werden.

An zwei Stellen im „Schauplatz“ gibt es größere Einschübe. Es sind das die Eroberung Colombos durch die Niederländer im Jahr 1656 (48 Seiten) und eine mythologisch-historische Erzählung über Ceylon (81 Seiten). Beide Einschübe übernahm Heydt aus einem Buch von Philippus Baldaeus (*1632, †1671), einem niederländischen Geistlichen und Schriftsteller in Diensten der VOC in Ostindien.

Der Einleitungsteil des „Schauplatzes“ enthält neben einigen Vorreden eine Widmung an König Christian VI. von Dänemark (*1699, †1746). Widmungen waren damals üblich, denn sie erbrachten nicht nur ihrem Empfänger Ehre, sondern auch dem Werk, welches sie zierten.

Dänemark hatte zwischen 1620 und 1845 an der Koromandelküste (Südindien, gegenüber von Ceylon) die Kolonie Tranquebar (heute Tharangambadi) mit vielen christlichen Missionaren.

Der Hauptteil des Buches besteht aus 115 ganzseitigen Kupferstichen mit angehängter zweiseitiger Beschreibung. Die Sammlung ist nach Landschaften gegliedert. Zuerst „Prospecte“ von Java und den anliegenden Inseln, dann von Ceylon und Persien, gefolgt von Bengalen und Japan. Schließlich vom Kap der Guten Hoffnung und Kap Verde. Zuletzt zeigt er anhand selbst gestochener Landkarten den Verlauf seiner Reise.

Am Schluss des Buches steht ein Register, „Worinnen die merckwürdigsten Sachen, dieser Beschreibung abgehandelt worden, nach richtiger Ordnung des Alphabets zu finden sind.

Nicht alle Kupferstiche hatte Heydt selbst gestochen, sondern etwa ein Drittel an die Nürnberger Kupferstecher Johann Christoph Berndt, Andreas Hoffer, Johann Georg Puschner jun. und Johann Michael Seligmann/Seeligmann vergeben An einigen Stellen im „Schauplatz“ erwähnt Heydt deren Fehler, z.B.:
Über der Thür, so aus der Mitten des grossen Saals in den Hof gehet, befinden sich auf einem ausgesetzten Leistwerck, (welches aber hier anzuzeigen durch den Graveur vergessen worden,) […]“

Heydt kündigte sein Buch am 1. September 1743 mit einem „Avertissement“ an. Darin schrieb er, dass die 115 „Prospecte“ und deren Beschreibungen, nur der erste Teil seines Buches sind „um zu erfahren, wie dieses von denen Herren Liebhabern aufgenommen werden mögte“. Er zweifelte nicht daran, auch noch einen zweiten und dritten Teil herauszubringen.

Heydt hatte also von seiner Reise viele weitere Zeichnungen mitgebracht, die er noch veröffentlichen wollte. Offensichtlich kam es nie dazu.

Der „Schauplatz“ wurde, im Verlag des Autors, bei Johann Karl Tetschner (Hof- und Kanzlei-Buchdrucker) in Wilhermsdorf und bei den Homännischen Erben in Nürnberg gedruckt. Es ist das bedeutendste Werk, das in der Druckerei Tetschner gedruckt wurde. Die Homännischen Erben sind für ihre Bild- und Kartenwerke und Atlanten berühmt.

Da das Buch große Kosten verursachte, entschied sich Heydt, nicht mehr als 600 Exemplare gegen Vorkasse herauszugeben. Diejenigen, die eine Vorauszahlung leisteten, bekamen das Buch für 6 Rheinische Gulden. Ohne Vorkasse kostete es 8 Rheinische Gulden. Ausgeliefert wurde das Buch 1744 und 1745 in vier Chargen. Es erschien im Folio-Format (etwas größer als das A3-Format) und in Leder gebunden in einer sehr hohen Qualität.

Auch die Herrschaft Hohenlohe-Schillingsfürst in Wilhermsdorf erwarb ein Exemplar. Diese Ausgabe ist aber noch unvollständig, es fehlen die letzten Kapitel mit Karten über seine Reiseroute.

Erstausgaben des „Schauplatzes“ sind u.a. an folgenden Orten zu finden:

  • Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
  • Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar
  • Library of Congress Washington
  • Niederländisches Schifffahrtsmuseum Amsterdam
  • Österreichische Nationalbibliothek Wien
  • Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena

Eine Ausgabe des „Schauplatzes“ befindet sich auch im Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein.

Ein Blick in das Buch

Die Menschen in Ostindien

Heydt begegnete während seines Aufenthalts auf Ceylon und Java auch Menschen aus Malaysien, Sulawesi, Molukken, Sumatra, Bali, Indien, Bengalen, China und Afrika. Er beschrieb und beurteilte ihr Aussehen, ihre Bildung und ihr Handeln und blieb keinesfalls sachlich, wie in einigen Publikationen über Heydt und dem „Schauplatz“ berichtet wird.

Hier wird die allgemeine Weltsicht der Europäer deutlich:

Nur die Europäer haben eine Zivilisation, die allen anderen Nationalitäten überlegen ist.

Menschen in Ceylon.

Das Vorgebürg (Kap) der Guten Hoffnung und der Südafrikaforscher Peter Kolb

1652 wurde am Kap der Guten Hoffnung ein Versorgungsposten für die Flotte der VOC gegründet. Aus dieser strategisch günstig gelegenen Siedlung mit anfangs 90 niederländischen Bewohnern entwickelte sich eine große Kolonie, in der sich auch Deutsche und französische Hugenotten ansiedelten – das heutige Kapstadt.

Auf der Heimreise 1741 von Batavia nach Europa legte die „Everswaart“ für 22 Tage am Kap der Guten Hoffnung an. Heydt nutzte die Zeit, um sich dort umzusehen. Er zeichnete und beschrieb 5 „Prospecte“ und vergleicht seine Beobachtungen mit denen von Peter Kolb.

Herr Kolb, welcher in allen sehr fleißig von diesem Vorgebürge geschrieben, massen er sich die 8. Jahre lang daselbsten aufgehalten, und neben seinen astronomischen Observationen gute Gelegenheit gehabt, alles auf das genaueste zu untersuchen, der auch des Tafel=Bergs Höhe gemessen, und auf 1857. Rheinländische Schuh hoch befunden zu haben vorgiebt, hat von solchen viel gemeldet, und auch eine Zeichnung davon in seinen Werck mit eingeschaltet, welche zierlich verfertiget, aber ebenfalls ausser Proportion, finde auch in seiner gantzen Beschreibung nicht angemercket, daß er sich in den achtjährigen Aufenthalt daselbst jemals auf einen dieser drey hohen Berge gewaget, sonsten würde er die Höhe des Teufels=Berg und Löwen=Kopf anderst determiniret [bestimmt], und weitläuftiger von den mittlern geschrieben haben.“

Johann Wolffgang Heydt

Peter Kolb (*1675, †1726)
Schulrektor und Afrikaforscher aus Neustadt an der Aisch

Heydt mit einem Begleiter auf dem Tafelberg

Der "Schauplatz" aus Sicht von Heydts Freunden und Zeitgenossen

Orientalist und Historiker der Grafschaft Hohenlohe, von 1734 bis 1748 Diakon in Wilhermsdorf und Verfasser der „Historische Beschreibung von Wilhermsdorf“.

Wibel würdigt den „Schauplatz“ mit einem Vergleich. Er zitiert das „Erste Buch der Könige“ aus der Bibel, dort wird erzählt, dass die Gesandtschaft König Salomos „Vierhundert und Zwantzig Centner Goldes“ aus dem Land Ophir, das er in Ostindien vermutet, gebracht hat. Vermutlich sieht er darin den Beweis dafür, dass die Ausbeutung Ostindiens durch die Europäer von Gott legalisiert ist. Allerdings weist er darauf hin, dass „noch heut zu Tage alle Christlichen Nationen, die ihren Handel treiben auf grossen Wassern, vornemlich mit darauf bedacht seyn, daß anstatt des vergänglichen Goldes und der irdischen Schätze, die sie bey den Unglaubigen holen, denenselben mittelst Verkündigung des göttlichen Wortes das köstliche Glaubens=Gold und die himmlischen Schätze beybegracht werden mögen, […].“

Die Europäer sahen in diesem Tausch, Gold und irdische Schätze gegen den christlichen Glauben, einen gerechten Handel.

Weiter lobt Wibel die akkuraten Kupferstiche und „Prospecte“ sowie den Autor selbst: „Bleibt also auch dem Ruhmwerthen Herrn Autori dieses Wercks sein wolverdientes Lob, da derselbe zumal weder an Mühe noch an Kosten etwas dabey ermangeln lassen, damit es in einer angenehmen Gestalt zum Vorschein kommen möge. Ich [Wibel] habe Ihn seit einiger Zeit in Person zu kennen Gelegenheit gehabt, und deßwegen um so weniger Bedencken getragen, auf Gutfinden in einer Vorrede Ihme wegen seiner sonderbahren Geschicklichkeit und Experienz ein öffentliches Zeugnuß zu geben.

Kommerzienrat in Darmstadt und Frankfurt.

Sipman wurde auf der molukkischen Insel Haruku geboren. Sein Vater Johann Philip Sipman (*1666 in Darmstadt, †1725 in Batavia) kam 1699 als Kaufmann im Dienst der VOC nach Ostindien. Später wurde er Gouverneur von Makassar und Mitglied im „Rat von Indien“. Nach dem Tod seines Vaters verließ sein Sohn Philippus Angelus Sipman Ostindien und siedelte sich in der Heimatstadt seines Vaters in Darmstadt an.

Heydt kannte Sipman nicht persönlich, erhielt aber dessen Beurteilung für seinen „Schauplatz“ durch Vermittlung seines Freundes Carl Hermann Gravel.

Sipman befindet die Kupferstiche und die dazu gehörigen Beschreibungen „in allem sehr accurat, und durchaus der wahren Beschaffenheit der Sachen gemäß, exprimiret [ausgedrückt], und aufgezeichnet […].“

Fürstlich Hohenlohischer Kammersekretär in Wilhermsdorf, später Hohenlohischer Kammerrat in Bartenstein und Amtmann in Schnelldorf.

Gravel war eine schillernde Persönlichkeit. Während er beim Fürst von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst (*1663, †1759) angestellt war, schrieb er sich 1744 im Fach Medizin an der Universität Erlangen ein. 1746 heiratete er die Tochter der Hofbesitzers Wöllner (auch Wellner) in Kemmathen bei Markt Erlbach. Dort wurde auch sein Sohn geboren, dessen Taufpate der Fürst Karl Philipp Franz zu Hohenlohe-Bartenstein (*1702, †1763, Reichskammerrichter in Wetzlar) wird. Gravel erbte Kemmathen und schrieb dort auch ein Buch über Alchemie.

Im Verzeichnis über den Hochfürstlichen Limburgischen Hof in Wilhermsdorf von Philipp Ferdinand von Limburg-Styrum (*1734, †1794) wird Gravel in der „Jägergarde zu Fuß“ als „Herr Oberauditeur de Gravel“ geführt.

Später ist seine Amtsführung in Schnelldorf ein Kriminalfall, mit dem sich das Fürstenhaus Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein intensiv beschäftigt.

Er widmet Heydt ein Gedicht voller Lob, mit teils etwas holprigen Versen und Reimen, „[…] als ein schuldiges Danck=Opffer seinem werthesten Freund und Gönner […]“

Wie Werner P. Binder in seinem Buch „Aysch bringt rote Pfaffenhütlein“ schreibt, weckt Johann Wolffgang Heydt mit seinem „Schauplatz“ das Interesse vieler Gelehrter auch über Franken hinaus. Selbst Johann Wolfgang von Goethe entleiht sich das Buch am 29. Dezember 1794 aus der Herzoglichen Bibliothek in Weimar. Vielleicht wurde Goethe durch seinen Beamten Büttner, Taufpate des Neffen von Johann Wolffgang, darauf aufmerksam gemacht.

Auch Friedrich Schiller könnte es, wie eine literaturwissenschaftliche Studie unterstellt, als Anregung für die Figur des Ostindienfahrers Kosinsky im Schauspiel „Die Räuber“ gedient haben.

Der "Schauplatz" aus heutiger Sicht

Johann Wolffgang Heydt ermöglicht uns einen Blick in die frühe Kolonialzeit von Indonesien und Sri Lanka. Es war die Zeit der Eroberung und Ausbeutung großer Teile der Erde durch die Europäer. Auch die Holländer waren angetrieben von der Gier nach Macht und Reichtum. Auch sie plünderten die Naturschätze, unterjochten die einheimische Bevölkerung, versklavten Menschen und schufen dadurch ein riesiges Wirtschaftsimperium. Die Profitgier der Kaufleute brachte unermessliches Elend hervor. Denn die VOC setzte ihre wirtschaftlichen Interessen in Afrika, Asien und Amerika mit erbarmungsloser Härte durch. Bemäntelt wurde das oft mit dem ethischen Ziel der christlichen Mission.

Durch den „Schauplatz“ zeigt Heydt seinen Zeitgenossen und den nachfolgenden Generationen, dass es für die Eroberer trotz vieler Gefahren doch sehr lohnend war, sich fremde Länder anzueignen.

Wie gefährlich Ostindien-Reisen waren, zeigt auch das Beispiel des Neustädters Johann Heinrich Kahr (*1744 in Diespeck). Er war Urgroßonkel von Gustav von Kahr, in den 1920er Jahren kurzzeitig bayerischer Ministerpräsident und Generalstaatskommissar. Die Familie Kahr waren Exulanten aus Österreich, die sich nach dem Dreißigjährigen Krieg in Diespeck niederließen. Dort war Michael Kahr, der Vater von Johann Heinrich, Bäcker. Vermutlich aus der Not heraus, denn die Bäckerei musste verkauft werden, zog der Sohn nach Neustadt zu seinem Onkel dem gleichnamigen Bäcker und Gastwirt im „Weißen Roß“ (im Haus der späteren Stadt-Apotheke in der Nürnberger Straße). Anfang Juni 1767 heuerte er als Leichtmatrose bei der VOC an und segelte mit dem Schiff „Leimuiden“ von Texel in Richtung Batavia. Aber schon Ende des Monats starb er an Bord.

Die oft ungelernten Bader an Bord konnten bei der Behandlung der Kranken nur zwischen einem Aderlass, einem Einlauf, einer Salbe und einem Glas Schnaps wählen.

Fotos
Soweit nicht extra erwähnt, sind Fotos von Karin Kloth, „gemeinfreie“ Bilder oder frei verfügbare Fotos von Pexels oder Pixabay.
Bilder aus dem „Schauplatz“: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

Quellen und Literatur in der Textfassung.

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Die Druckausgabe dieser Publikation erscheint im Mai 2025 in
Streiflichter aus der Heimatgeschichte
Jahrgang 48/2024
Geschichts- und Heimatverein Neustadt an der Aisch e.V.
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